Workshop Europäische Solidarische Textilketten
Solidarische Ökonomie auf der Degrowth-Konferenz 2014
Workshop Europäische Solidarische Textilketten
Solidarische Netze und Ketten sind ein wichtiges Mittel, um solidarisches Wirtschaften weitreichender, stabiler und wirkungsvoller zu machen. Der Workshop „Europäische Solidarische Textilketten“ thematisierte das an interessanten und ermutigenden Beispielen.
Clarita Müller-Plantenberg berichtete über zwei vollständige und funktionierende solidarische Textilketten in Brasilien (Justa Trama) und in Südfrankreich (Ardelaine).
Justa Trama
2004 war der Beginn der brasilianischen solidarischen Textilkette Justa Trama: 30 Unternehmen wurden aufgefordert, gemeinsam 60 000 Tragetaschen für die Teilnehmer*innen des Weltsozialforums in Porto Alegre in Südbrasilien zu fertigen. Drei sagten zu und produzierten erfolgreich die dafür notwendige biologische Baumwolle, spannen den Faden, webten den Stoff und fertigten die Taschen.
Danach wollte man weitermachen. Die Mitglieder der beteiligten Genossenschaften nahmen das Wagnis an. Heute hat sich diese solidarische Textilkette erweitert und stabilisiert. Sie wurde aus sieben Genossenschaften in sechs Bundesstaaten Brasiliens gebildet. Sie konnten sich als anders strukturierte Wirtschaftsunternehmen behaupten: mit gemeinschaftlichem Eigentum, Kooperation nach innen und außen und ökologischem Bewusstsein.
Die Einkommen an den verschiedenen Orten sollten nicht nach Marktwert sondern nach den Lebenshaltungskosten kalkuliert werden. Einige Genossenschaften erweiterten ihre Arbeit, bauten zusätzlich Biobaumwolle an und verschafften so Jugendlichen Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Gründungs- und technologische Beratung sowie wechselseitige Besuche wurden organisiert.
→ Ardelaine
Die Solidarische Textilkette Ardelaine wurde 1982 von sieben Personen gegründet. Sie hatten zuvor in siebenjähriger Arbeit ein kleines Dorf mit einer Wollspinnerei wieder in Stand gesetzt. Durch sehr sparsames gemeinschaftliches Leben und durch Arbeit in ihren ehemaligen Berufen hatten sie sich über Wasser gehalten.
Mit der Gründung entstand ein Arbeitsplatz, 1985 kamen 4 dazu, 1990 gefördert, weitere 7, teilweise gefördert durch eine französische Institution. Heute gibt es 30 Mitglieder. Zusätzlich unterstützten sie die Schäfer der Region, die nun ihre Wolle wieder absetzen konnten.
Es wurde auf ökologische Arbeitsweise gesehen und auf Inklusion von Migrantinnen in einer Nähwerkstatt. Die Perspektive der Mitglieder von Ardelaine war die Direktvermarktung und eine kulturbewusste Vermittlung der Geschichte der Schafe als Kulturtiere sowie der Entwicklung vom Handwerk zur Industrialisierung in zwei Museen, die 20 000 Besucher pro Jahr anzogen. Diese wollten versorgt werden. So wurde ein Restaurant geplant und gemeinschaftlich aufgebaut.
Kunden und Schäfer wurden assoziiert. Partnerschaften mit anderen Unternehmen entstanden. Ardelaine war zum Motor regionaler Entwicklung geworden. Ein zum Abschluss gezeigter Film belegte diesen langsamen aber stabilen Aufbau der solidarischen Textilkette auf der Basis von Wolle.
→ Hanffaser Uckermark e.G.[1]
In die Zukunft weisend erläuterte Walter Strasheim-Weitz den Werdegang von Hanffaser Uckermark eG, einer brandenburgischen Genossenschaft, die zurzeit Dämmstoffe herstellt, nun aber ein zweites Bein dazugewinnen will, eine solidarische Textilkette.
Hanfanbau benötigt weder Herbizide noch Pestizide, da die Pflanze in kurzer Zeit hoch wächst und sich daher gar kein Unkraut zwischen den Pflanzen ansiedeln kann. Daher kann Hanf auch in Wasserschutzgebieten angebaut werden. Die Hanfpflanze hat tiefe Wurzeln, die den Boden lockern, was ebenfalls im Interesse der Bauern ist.
Für die Hanfernte werden Maschinen benötigt, die ab >50 ha wirtschaftlich eingesetzt werden können. Da die Reifezeit im Norden später liegt als im Süden können diese Maschinen vom Süden in den Norden wandern. Es ist daher sinnvoll, sich regional für die Ernte von Hanfnüssen zusammenzuschließen, um auf eine Fläche >50 ha zu kommen.
Hanfverarbeitung ist möglich für die Gewinnung der Samen (Hanfnüsse), aus denen Brot gebacken bzw. Öl gewonnen werden kann. Sinnvoll wäre also, dass sich mehrere Bauern in ihren Regionen zusammentun, um gemeinschaftlich Hanfnüsse an Bäckereien zu vermarkten bzw. Hanfölmühlen zu betreiben.
Da die Entwicklung der Fadenspinnerei noch andauert ist also zunächst die Hanfproduktion und ihre anderweitige Verarbeitung angesagt. Auch der Aufbau der Kette vom Ende her ist schon jetzt denkbar, wenn der Stoff vorläufig noch aus China importiert und dann hier zu Kleidung verarbeitet wird.
Interessierten wird das Protokoll empfohlen. Dort finden sich weitere Informationen, Links, Kontakte und Pläne.